Dieser Tage hab Ich mir im Internet eine Sendung angesehen, in der es um das oft geforderte “Böllerverbot” ging.
In einem Interview wurde dort von jemandem gesagt, dass er auch für ein Verbot von vor allem Böllern (nicht unbedingt Raketen) ist, weil Tiere (sowohl Haustiere wie Hunde oder Katzen, aber auch Weidetiere wie Kühe oder Schafe) sehr unter dem geknalle leiden würden und oft panisch reagieren würden.
In einem Diskussionsforum dazu, habe Ich mich dann zu folgender Aussage hinreißen lassen:
Zitat:
Also, ich werde noch mal prognostizieren, dass auch im Januar 2024 wieder die selbe Sau durchs Dorf getrieben wird und sich genau null Komma nichts ändern wird.
Weder dieser Herr, noch andere Menschen, konnten wir bisher sinnvoll erklären, warum man Silvesterkracher verbieten sollte.
Zu den einzelnen Punkten…
Tierschutz: ich bin ein genereller Tierschutzgegner, und wäre grundsätzlich für eine generelle Abschaffung aller tierschutzrechtlichen Gesetze, da diese eine sehr große, finanzielle Belastung der tierverarbeitenden Industrie sind. Tiere sind keine Menschen, sondern Sachen.
Menschen, die sich Gliedmassen wegsprengen: es gibt ein Recht auf Selbstschädigung. Ich kann nicht jemandem verbieten, sich selbst die Hände mit Feuerwerkskörpern abzusprengen, ihm aber weiterhin erlauben, die gleiche Amputationshandlung mit einer Axt durchzuführen oder bergsteigen zu gehen, oder Bungee Jumping zu machen oder mit dem Fallschirm aus dem Flugzeug springen oder was auch immer für einen Quatsch. Und wenn jemand meint, er müsse unbedingt besoffen Knaller zünden, und sich dadurch selbst schädigen, dann geht dem Gesetzgeber das nichts an.
Feinstaub: ich sehe auch ein, dass die Industrie und der Verkehr und was es da nicht so alles noch gibt, viel zu viel Feinstaub produziert und wie das drastisch und massiv zurückfahren müssen, da es einfach ungesund ist. Wenn wir aber irgendwann mal die Autos in Deutschland von über 40 Millionen auf 20 halbiert haben, und die dann alle auch noch mit Wasserstoff oder Strom fahren, sollte uns das bisschen Feinstaub, dass wir dann an Silvester in die Luft blasen nicht weiter stören.
Traumatisierte Kriegsflüchtlinge: selten so einen Quatsch gehört. Gibt es dazu, Studien, Meta-Studien oder irgendwelche evidenzbasierten Untersuchungen? Das wage ich jetzt einfach mal ernsthaft zu bezweifeln.
Das Argument mit dem Müll: nun ja, das kann ich zumindest noch ein wenig verstehen, da ist am 1. oder 2. Januar für die Stadtreinigung dann immer ein Menge Zeug, was da wieder aufgesammelt werden muss. Das könnte man aber salomonisch so lösen, dass auf Feuerwerk eine „ Dreck Steuer“ von 1 oder 2 % oder was weiß ich, wie hoch erhoben wird, womit diese Reinigung dann bundesweit bezahlt wird.
Mein schönster Moment in dem Interview war, als der Gast sich fragte, warum man fünf Tage vor Silvester am Nachmittag um 16:00 Uhr bereits Böllern muss und der Moderator konntert einfach nur lapidar mit: „Weil man die Böller vielleicht schon hat und weil man irgendwie Bock drauf hat oder so!“ – geil😂
Mein Argument, was diese Diskussion und zum Beispiel auch die Diskussion um ein Tempolimit auf der Autobahn angeht, ist immer, dass unser Leben, vor allem hier in Deutschland, wo es für jeden Furz ein Gesetz und eine Regel und eine Vorschrift und eine Verordnung gibt (was ich, das möchte ich explizit betonen, auch sehr gut finde, ich möchte hier in Deutschland keine „griechischen Verhältnisse“ haben), so derart stark durch reglementiert ist, dass man der Bevölkerung auch ein paar kleine Ventile lassen muss, um mal einfach nur sinnlos bescheuert ohne Hirn und ohne Verstand die Sau raus zu lassen. Sei es, dass man mit behördlicher und gesetzlicher Erlaubnis Sprengstoff auf der Straße zünden darf oder sei es, dass man, wenn es der Verkehr hergibt, auch mit über 300 KMH sinnlos über die Autobahn brettern darf. Lasst uns doch einfach ein paar klitzekleine Ventile für sinnlosen Spaß.
Ein Vorredner hat es hier schon geschrieben, mir scheint, das ist einfach ein Typ Mensch, der zum Lachen in den Keller geht. So ein intellektuell angehauchte Spaßbremse, die einfach nicht verstehen kann, warum andere Menschen barbarischen Spaß daran haben, Dinge in die Luft zu sprengen.
Kurz vor dem Ende noch einmal dieses Argument: es braucht keine Knallerei mehr heute. Nun ja, es braucht auch keiner Lamborghinis auf deutschen Autobahnen, die 300 KMH und mehr fahren. Braucht es nicht. Ist aber einfach geil und macht einfach Spaß.
Zitat Ende
Das brachte mir die eine oder andere entsetzte Reaktion entgegen und tat mir deshalb besonders weh, weil dieser Internetsender auf dem diese Sendung stattfindet und dessen Programm für gut 50 % meiner Freizeitgestaltung verantwortlich ist.
Jemand schrieb dann dort, Zitat: “Wow… erinnere mich bitte daran, nie wieder mit dir zu reden Menschen, die ein Recht darauf einfordern, einfach mal „hirnlos die Sau rauslassen zu wollen“ sind für mich so weit weg von dem, was einen Menschen ausmacht, wie es nur irgendwie geht. Es ist sehr erstaunlich, wie Diskussionen über die Probleme einer Zivilgesellschaft (egal wie groß oder klein sie erscheinen mögen) derartig selbstentlarvende Aussagen zutage fördern.” Zitat Ende.
Kennt Ihr das Gefühl, wenn man plötzlich so einen Druck in der Herzgegend hat, wie wenn sich da gerade jemand draufgesetzt hätte? So ein Gefühl, dass einem gerade die Blutzufuhr zum Herzen abgeschnitten wird.
So ging es mir in dem Moment, als Ich das vorhin gelesen habe.
Dieses Gefühl geht nun schon über eine Stunde nicht weg.
Es kommt sehr selten vor, dass mir jemand für diese Meinung über den Tierschutz, die Ich schon sehr oft geäussert habe, so einen Konter gegeben hat.
Wenn Ich diese Meinung zum Tierschutz anderen Personen gegenüber äussere, dann ernte Ich selten mehr als ein Kopfschütteln.
Zu meiner Aussage mir der Selbstverstümmelung durch Böller und zum Tempolimit stehe Ich weiterhin, aber speziell die Widerrede zu meiner Tierschutzargumentation brachte mich nun doch zum nachdenken.
Woher kommt meine diese Meinung nun aber, hab Ich mich jetzt gefragt.
Ich hatte als Kind nie Haustiere. Als Kind hätte Ich immer schon gerne ein Aquarium gehabt. Das hat sich aber leider nie ergeben und als Ich dann eine eigene Wohnung hatte, haben mich die laufenden Kosten, die je nach Prognose, mehrere hundert Euro im Jahr sein sollen (vor allem an Stromkosten), dabei abgeschreckt.
Was Ich tatsächlich nicht mag sind Hunde. Viele Menschen denken oft, dass Ich Angst vor Hunden hätte weil Ich immer so zurückschrecke, wenn mir ein Hund zu nahe kommt. Das stimmt aber nicht. Ich ekele mich aber vor Hunden, vor allem vor großen Hunden, wie Schäferhunden, Dalmatinern oder solchen “Zottelviechern” wie Bernhardinern oder so. Wenn mir ein solches Tier zu nahe kommt, mir der Geruch von nassem Fell in die Nase steigt und Ich sehe, dass dieses Tier mich berühren könnte, kommt in mir ein Ekel hoch, wie Ihn andere vielleicht vor Erbrochenem haben oder so.
Woher das kommt, weiss Ich leider bis heute nicht. Ein Teil meiner sehr empathielosen Aussage oben, bezog sich hierauf.
Ein anderer Teil sind so genannte “klassische Nutztiere” wie Schweine, Hühner, Rinder, Schafe usw. Ich esse sehr, sehr gerne Fleisch und habe teilweise auch früher sehr viel Fleisch gegessen. Bevor die Preise so angezogen haben, bzw. bevor Ich zurück zu meiner Mutter zog um mich um den Papierkram von Opas Erbe zu kümmern und Ich noch meine eigene Küche hatte, war es nicht ungewöhnlich, dass es bei mir zum Abendessen vier Schwenksteaks nur mit Ketchup als “Gemüsebeilage” gab, oder sechs Currywürste ohne Brot oder sonstwas dazu, oder zwei Packungen Hähnchennuggets nur mit Mayo zum dippen, usw. Ich mag einfach den Geschmack von gekochtem, gebratenem, gerillten oder wie auch immer zubereiteten Fleisch. Die Qualität ist mir da oft nicht so wichtig, Ich bin da eher nach dem Motto Masse statt Klasse unterwegs.
Fleisch zu essen, ist für mich eine Art Luxus des kleinen Mannes. Etwas, womit Ich mich mit meinem “man wird nicht reich davon, kann aber ganz ok davon leben”-Gehalt über sagen wir den Hartz 4 Empfänger erheben kann. Nicht dass Ich das öffentlich raushängen lasse, das würde Ich nie tun. Das ist eher so die kleine intrinsische Freude in meinem Kopf darüber, dass auch Ich arme Sau hier einen Punkt habe mit dem Ich mich über andere erheben kann, die sich kein Fleisch leisten können.
Das muss alles auch irgendwie mit meiner “versachlichung” von Nutztieren zusammen hängen. Irgendwie sind Nutztiere für mich “Dinge” die dazu diesen dem Menschen schmackhaftes Essen zu geben. Sowie Tomaten oder Gurken.
Je länger Ich darüber nachdenke, uso mehr beginne Ich zu verstehen, warum diese meine Aussage Menschen so triggert. Für viele Leute sind Tiere mehr als nur Lebensmittel. Vor allem Haustiere sind für viele Menschen alles. Des Menschen bester Freund nennt man Hunde ja auch und Ich sehe ein, dass da oft auch was dran ist.
In soweit würde Ich meine Aussage ja auch einschränken, so dass Ich sagen würde, solche “ei dei dei”-Tiere wie Ich sie nenne, also Hunde, Katzen, Hamster, Meerschweinchen usw. (nach dem Ausspruch, den man macht wenn man sie sieht), sollten weiter einen Tierschutz geniessen. Und zugegebenermaßen hätte Ich ja auch selber irgendwie gerne eine Katze zum schmusen als Haustier, bin davor aber bisher wegen der teilweise unkalkulierbaren Tierarztkosten davor zurück geschreckt.
Auch Hunde hatte Ich mit meiner Aussage nicht gemeint. Ich ekele mich zwar vor Ihnen und mag sie daher nicht, wäre aber auch hier nicht dafür, dass man sie schlecht behandeln darf.
Ich bin ja auch nicht dafür, dass man Nutztiere jetzt unbedingt quälen soll. Gerade bei Schweinen weiss man ja z. B. auch, dass wenn diese vor der Schlachtung zu viel Stress haben, das Fleisch dann auch nicht von guter Qualität mehr ist. Ich hatte halt nur das Gefühl, dass es mittlerweile ein zu viel an Tierschutz sei, der manchen Betrieben da aufgebürdet wird.
Mich beschäftigen diese Gedanken nun schon viele Jahre und irgendwie bekomme Ich das nicht hin die Verknüpfung zwischen “Wissen dass es Menschen gibt denen Tiere unendlich wichtig sind” und “warum denken so wenige Menschen so wie Ich, und halten ein Schwein nicht auch nur für ein Schnitzelbeschaffungsteil”.
Irgendwie hat mich dieser harte Konter nun aber doch an einer Stelle getroffen, wo Ich keine Rüstung habe die mich davor schützt.
Ich kann mir einfach keinen Reim drauf machen, woher das kommt, dass Ich für Tiere wie Hunde, Rinder, Schweine usw. keine Empathie empfinden kann. Ich würde es gerne wissen, es muss ja einen Grund dafür geben.
Es ist ja nicht so, dass meine Eltern mir das in der Erziehung vorgelebt haben. Meine Eltern möchten Hunde durchaus, wenn auch nicht so sehr dass Sie das Bedürfnis gehabt hätte sich einen eigenen zuzulegen. Doch wenn wir bei Freunden oder Bekannten waren, die Hunde hatte, war es ganz normal, dass meine Eltern auch mal mit denen gespielt haben, das klassische “Stöckchen holen” usw.
Bei Nutztieren ist es vielleicht eine Erklärung, dass Ich damit als Kind wenig Berührungspunkte hatte. Ich kann mich zwar daran erinnern, dass wir, als Ich ein sehr kleines Kind war, unsere Milch noch mit der klassischen emaillierten Milchkanne direkt vom Bauern aus dem Stall geholt haben. Als dieser aber seinen Betrieb schloss, da war Ich glaube Ich noch nicht mal eingeschult. Ansonsten wurde Ich zwar auf dem Dorf groß, wobei Ich unser Dorf aber als wenig dörflich empfinde, ist es doch ein Stadtteil von Kaiserslautern und wurde auch in den letzten Jahren immer „städtischer“ statt “dörflicher”. Soweit Ich weiss gibt es bei uns im Ort mittlerweile auch gar keinen Bauern mehr der Tiere hält.
Vielleicht haben auch meine Erfahrungen aus der Zeit meiner Kochausbildung zu diesen Ansichten geführt. Fleisch war bei uns in der Küche genau so ein Verarbeitungsprodukt wie Tomaten oder Mehl. Da wurde kein Unterschied gemacht. Es wurde behandelt wie jedes andere Lebensmittel auch und in genauso rauen Mengen weggeschmissen, wenn zu viel produziert wurde oder wenn es verdarb, weil keine Gäste kamen. Man brachte das Schnitzel auf dem Teller gar nicht erst mit dem Schwein im Stall in Verbindung. Ich weiss nicht, ob das eine Erklärung sein kann.
Ich werde den Fall aber auf jeden fall als Denkanstoß nutzen, um mal darüber nachzudenken, woher meine Einstellung kommt…
***
Hier noch ein Zuschauerbrief den Ich an die Redaktion des Senders geschickt habe.
Lieber X, lieber Y, lieber Z,
Ich schreibe diese Mail, um mich bei euch zu entschuldigen.
Ich habe im Forum bei der Diskussion zum Thema Böllerverbot offensichtlich weit über das Ziel hinaus geschossen, als Ich geschrieben habe, Zitat: „Ich bin ein genereller Tierschutzgegner, und wäre grundsätzlich für eine generelle Abschaffung aller tierschutzrechtlichen Gesetze, da diese eine sehr große, finanzielle Belastung der tierverarbeitenden Industrie sind. Tiere sind keine Menschen, sondern Sachen.“ Zitat Ende.
Z kommentierte das mit “Eine derart empathielose Einstellung begegnet einem auch nicht oft.” und Y schrieb offensichtlich zu recht ziemlich erbost “Wow… erinnere mich bitte daran, nie wieder mit dir zu reden”.
Diese beiden Antworten, vor allem die letzte Aussage von Y, haben mich sehr hart getroffen.
Ich bin mit dieser meiner Meinung schon öfter in meinem Bekanntenkreis angeeckt, leider wurde mir nie so hart gekontert, wie nun hier im Forum.
Diese harte aber berechtigte Kritik, von Menschen wie Y und Z, die Ich wegen der schönen Sendungen, die sie machen, sehr schätze, hat etwas in mir in Gang gesetzt, was andere Widerreden gegen meine Meinung bisher nicht geschafft haben: Ich bin ernsthaft ins Nachdenken gekommen.
Ich weiss nicht, woher meine Einstellung zu Tieren genau kommt. Ich weiss, dass Ich Hunde nicht mag, weil Ich mich vor Ihnen ekle, woher das kommt weiss Ich leider auch nicht. Warum Ich keine Empathie für Nutztiere empfinden kann, das weiss Ich leider nicht. Dennoch hätte Ich gerne ein Haustier wie z. B. eine Katze oder Fische in einem Aquarium, was für mich Tiere sind, für die Ich Empathie empfinden kann.
Für mich waren Nutztiere wie Schweine, Rinder, Schafe bisher immer „Dinge“ die der Herstellung von Nahrung dienen, genauso wie Tomaten oder Äpfel. Ich weiss, dass diese Ansicht für viele Menschen problematisch ist. Vielleicht liegt das daran, dass Ich als Kind nicht mit Haustieren oder Nutztieren aufgewachsen bin. Kühe kenne Ich nur vom daran vorbeifahren mit dem Auto. Es kann sein, dass diese Einstellung daher kommt, dass Ich mal eine Zeitlang in der Gastronomie gearbeitet habe und man da moralisch keine Unterschiede gemacht hat. Fleisch war genauso ein Lebensmittel das man verarbeitet oder weggeworfen hat, wenn man zu viel produziert hat, wie Tomaten oder Nudeln.
Wie eben geschrieben, bin Ich nun aber an einem Punkt angekommen, an dem Ich eingesehen habe, dass Ich da umdenken muss und mir mal ernsthaft darüber Gedanken machen sollte, woher meine Einstellung kommt und wie Ich sie ändern kann.
Danke für diesen Denkanstoß und nochmals Entschuldigung für meine Aussagen im Forum.
Viele Grüße
XXX