Die Klavierspielerin (La Pianiste – 2001)
Posted: Juni 21, 2010 in Filmrezensionen
Schlagworte: BDSM, Klavier, Pianistin, Piano, Voyeurismus
Erika Kohut ist Klavierlehrerin am Wiener Konservatorium. Dass sie mit Ende 30 noch bei ihrer Mutter lebt, ist erstaunlich. Umso mehr wenn man sieht, wie sie Erika in ihrer Freiheit und Privatsphäre massiv einschränkt – beide teilen sich ein Bett, Erikas Zimmer ist nicht abschließbar, nicht einmal das Kaufen neuer Kleider duldet die Mutter. Sie wollte von Beginn an, dass ihre Tochter eine weltberühmte virtuose Pianistin wird, doch unter den hohen Druck, den sie ausübte, scheiterte die Karriere frühzeitig, was dazu führte, dass Erika eine Professur am berühmten Wiener Konservatorium annahm. Weiterhin ist ihr Vater in psychiatrischer Behandlung und stirbt letztendlich. Permanent in den Fängen ihrer Mutter zu sein hinterlässt natürlich Spuren: Erika scheint kaum noch fähig in irgendeiner Art ihre Emotionen mitzuteilen. Sie wirkt nach außen oft kalt und hart. Als einer ihrer Schüler, Walter Klemmer, zunächst von ihrem Klavierspiel sehr angetan ist, und sie später erobern möchte, ist die Lehrerin mehr oder weniger überfordert. Schlussendlich ergeben sich einige sexuelle Handlungen zwischen den Beiden, jedoch als Erika ihre Neigungen zu BDSM in Form eines Briefes mitteilt, ist Walter sichtlich angewidert und die Situation eskaliert gegen Ende des Films noch.
So viel zum Inhalt. Vorlage war der gleichnamige Roman von Elfriede Jelinek. Der Film ist sicherlich in die Kategorie Psychologisches Drama einzuordnen und wir haben hier ein durchaus ungewöhnlich kaputtes Verhältnis zwischen Mutter und Tochter, so dass es ganz interessant ist zuzuschauen. Zumindest am Anfang. Negativ fiel mir auf, dass die Vorliebe der Protagonistin für BDSM (und auch für Voyeurismus, etc) zwar nicht explizit, aber letztlich doch indirekt damit begründet wird, dass sie in einer kaputten Familie lebt – wieder einmal . Ich warte ja noch auf einen ernsten Film, wo der devote Charakter einfach mal aus einer heilen Familie stammt, ich glaube sowas werden wir wohl nie sehen. Mag sein, dass es an der kompexen Thematik liegt. Schließlich fragt sich der Zuschauer woher die Figur ihre Neigungen hat, wenn er jedoch ewig grübeln müsste, dann gibt er schnell auf. So dienen schwierige Verhältnisse und Probleme des Charakters als leichter nachvollziehbare Motive.
Die Kamaraführung ist im ganzen Film recht statisch gehalten, was ihm eher den Charakter einer Studie verleiht. Die Charaktere treten einander meist recht sachlich oder leidenschaftslos gegenüber. Stilistisch finde ich den Film insgesamt recht gut. Er ist im Übrigen vom gleichen Regisseur, Michael Haneke, wie Funny Games U.S. Und das sieht man. (für Funny Games kann ich im Übrigen eine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen). Auch wenn der Stil gut ist, das Drehbuch hätte besser sein können, insbesondere ist die Darstellung von Erikas Neigungen wenig überzeugend, was eventuell darauf zurückzuführen ist, dass man nicht alles aus der Romanvorlage übernehmen konnte, und somit ein paar Puzzleteile fehlen – was aber nur eine Vermutung ist, gelesen habe ich das Buch schließlich nicht.
Quelle: http://derbdsmblog.files.wordpress.com