Homeoffice essen Seele auf

Ja, vier Monate war hier Funkstille.

Warum? Tja, weil seit gut vier Monaten weniger als gar nichts los ist in meinem Leben. 

Vor genau 266 Tagen, also am 26.3. wurden wir von der Firma ins Home Office geschickt. 

Im August dann die Schocknachricht der Umstrukturierung und der Einsparungen. Das nimmt nun so langsam Gestalt an und es wurden schon einige Weichen in Richtung “Konsolidierung der Arbeitskraft” und “den Kunden so langsam an weniger Service gewöhnen”. gestellt. Früher, bevor Ich in der Firma angefangen habe war es so dass jeder Kunde vor Ort seinen eigenen Kundendienst hatte, den er telefonisch und per Mail kontaktieren konnte. 

Das wurde irgendwann so geändert dass es nur noch eine Hotline für das gesamte Bundesgebiet gab. 

Egal wo man anrief, man kam willkürlich sonstwo raus. Nun hatten die Kunden teilweise zumindest noch einen Kontakt vor Ort wenn Sie uns per Mail anschreiben. Ganz früher hatte man Mailkontakt mit seiner direkt zuständigen Niederlassung. Später dann waren eine handvoll Leute an verschiedenen Standorten in den neuen Bundesländern für alle Mails dort zuständig und nicht mehr nur für Ihr eigenes Gebiet vor Ort. Im Westen je nach Region analog. Aber auch das wird nun sukzessive auf eine einzige Mail Adresse für ganz Deutschland umgestellt. Ein Teil meiner Kollegen wurde nun schon von der Bearbeitung vor Ort abgezogen und zu dieser “Deutschland-Mail-Adresse” versetzt. Das führte dazu dass Ich und ein Kollege dann teilweise zu zweit die Arbeit gemacht haben die vorher sechs Leute gemacht haben. Das hat natürlich super geklappt. Nicht. 

Dass wir wohl nie wieder ins Büro zurückgehen werden ist auch klar. Unklar ist jedoch immer noch ob uns die Firma dafür nun irgend wann mal einen “Heizungs- und Klospülungs-Bonus” zahlt oder ob man der “Ihr spart doch Benzin”-Linie treu bleibt. 

Ja, alles in allem kann man sagen hat Corona meinem Leben den tiefsten Schlag verpasst den Ich seit Jahren abbekommen habe. Eigentlich meine ganzen (persönlichen, nicht telefonischen) sozialen Kontakte haben sich ja auf die Arbeit beschränkt. Seit Peter hier weggezogen ist, verbringe Ich meine Freizeit zu 100 % alleine. Das war ja auch noch soweit OK bis das Homeoffice kam. Ich hab mir dann einfach meine tägliche Dosis “Mitmenschen” Montag bis Freitag auf der Arbeit abgeholt und war glücklich damit nach Feierabend und am Wochenende meine Ruhe zu haben. 

Doch mittlerweile merke selbst Ich “Einsiedlerkrebs” (sagt Mama immer zu mir) dass es mir massiv zu schaffen macht so lange alleine zu sein. Ich führe mehr Selbstgespräche als vorher (teilweise muss Ich überlegen ob Ich einen bestimmten Gedanken mit einen echten Menschen oder mit mir selbst besprochen habe – gruselig!), Ich schaue mir mehrmals täglich deutlich viel zu viele Pornos an, auch während der Arbeitszeit, Immer wieder “ertappe” Ich mich dabei wie Ich “verrückte Geräusche” mache und “wirr durch die Wohnung tanze”. Ab und zu legt sich so ein “schwarzer Schleier” über meine Gedanken, Ich komme ins Grübeln und merke wie mich meine Depression so richtig nach unten zieht. 

Ich habe seit fast einem Jahr keinen Abwasch mehr gemacht, überall in der Wohnung stapelt sich das schmutzige Geschirr (auf der Fensterbank, im Flur, in der Küche usw.), Ich habe seit letztes Jahr Dezember weder irgendwo den Boden gewischt noch vernünftig den Teppich gesaugt. Bad und Küche hab Ich seit Wochen nicht geputzt. 

Das schlimmste daran finde Ich ist aber dass Ich, je länger Ich nachdenke, auch keinen Grund finden kann am Zustand meiner Wohnung etwas zu ändern. Es sieht ja eh keiner. Ich bekomme ja keinen Besuch. OK, meine Nachbarin war vor kurzem mal da, hat mir Hilfe angeboten die Ich dankend abgelehnt habe. Am Freitag kommt der Typ der einmal im Jahr die Heizung abliest. Aber was der über den Zustand meiner Wohnung denkt interessiert mich ungefähr so viel wie der berühmte Sack Reis der in China umgefallen ist. Ich seh ihn eh erst in 364 Tagen wieder. Also: So what!

Anfang Oktober habe Ich einen Teil meiner Kollegen das letzte mal gesehen, da waren wir zusammen Essen als das noch ging. Seitdem immer nur “Telkos” und Mails. Zum kotzen…

Ja, wie verbringe Ich meine Tage? Entweder von 7:30 – 16 Uhr oder von 9:20 – 18 Uhr arbeiten, einmal die Woche Freitagabend oder Samstag einkaufen gehen in Verbindung mit einer “grossen Spazierfahrt” mit dem Auto. Stichwort: Man kann ja nicht die ganze Zeit zu Hause sitzen sondern muss auch mal raus. Da kommen dann an einem Tag oder an einem Abend schnell mal 100, 200, 300 km zusammen. Letztens bin Ich von Dresden nach Berlin gefahren, hab mir im McDrive was zu Essen geholt und bin danach einmal den Berliner Ring also die A 10 fast komplett abgefahren und wieder zurück nach Dresden gegurkt. Über 500 km an einem Freitagabend ohne einmal aus dem Auto auszusteigen. Wahnsinn! 

Das schöne am Autofahren (es gibt für mich auf der Welt ja wirklich absolut gar nichts schöneres als Autofahren! Ich liebe das!) ist, dass man sein Ruhe hat, keine anderen Menschen da sind bei denen man sich anstecken könnte, man kann sitzen und muss nicht stehen, man hat es warm dank Heizung, man hat tolle Musik dank Spotify, wenn man Hunger hat fährt man an den McDrive und holt sich ein Menü mit Burger, Pommes, Nuggets und Eis oder zu Aldi und holt sich 2 x 500 g “pure porc” Salami, usw. 

Ich kann beim Autofahren wunderbar meine Gedanken ordnen während Ich über Berg und Tal brause (am liebsten fahre Ich Überland). Nein, das ist für mich so Woche für Woche der kleine Ausbruch aus dem Alltag. Manchmal bin Ich da bis 1 oder 2 Uhr nachts unterwegs. 

Als Ich dann die Tage gelesen habe dass Sachsen nun eine Ausgangssperre von 22 bis 6 Uhr verhängt hat war Ich massig sauer! Nicht auf die Politik, die das veranlasst hat, sondern auf die Pappnasen die das verursacht haben! Soweit Ich das gelesen habe gibt es im Bundesgebiet nirgendwo so viele Fälle wie in Sachsen, ganz besonders schlimm muss es in Bautzen nahe Dresden sein. Teilweise haben die ja jetzt nicht mal mehr genug Kühlfächer für die Leichen. Schlimm das alles…

Und dann demonstrieren auch noch jeden Sonntag sogenannte “Querdenker” an der B96 gegen die Corona-Massnahmen! Ich könnte im Strahl kotzen wenn Ich das sehe! Genau diese Arschlöcher, sorry, aber Ich kann es echt nicht anders sagen, sind doch daran Schuld dass wir in Sachsen genau da hingekommen sind wo wir jetzt stehen! Gerade hier in Sachsen sind es bestimmt nicht die “Arabischen Clanhochtzeiten” auf denen sich das Virus laut BLÖD-Zeitung so verbreitet. Nein, hier sind es “ordentliche doitsche Querdenker”! WAAAAA! Ich raste aus!

Egal was in den kommenden Tagen noch passieren wird, es ist so sicher wie das Amen in der Kirche dass Ich auf jeden Fall Weihnachten bei meiner Mutter in Kaiserslautern verbringe! Ja, Ich weiss das mag man kritisieren können. Aber wir feiern auch nicht mit 10 Mann sondern zu zweit. An einem Tag kommt mein Cousin dazu da sind wir zu dritt. An einem Tag gehe Ich wahrscheinlich Onkel und Tante besuchen und das war dann auch schon. Wenn man nie so ein Einzelgänger-Leben wie Ich geführt hat kann man sich vielleicht nicht vorstellen dass es für mich ein grauseliger Gedanke ist Weihnachten alleine zu feiern. 

Ich war noch NIE an Weihnachten alleine. An Silvester, ja, einmal. Das war blöd genug. Aber Weihnachten?

WEIHNACHTEN! Die schönsten Tage des Jahres in meinem agnostischen Leben. Weihnachten steht für mich ja nicht für “Christliches Gedöns”. Weihnachten ist für mich der positive Stress wenn du am 24. noch die Sahne für die Sauce kaufen musst weil du sie vergessen hast und dafür 1 h bei REWE an der Kasse stehst (mir so schon passiert!). Weihnachten sind für mich drei gechillte Tage mit Mama und einem 72 h dauernden Fressgelage. Weihnachten ist für mich kitschige Ami-Weihnachtslieder hören. Und, ja, Weihnachten ist für mich auch Stirb langsam 1-4 schauen (Teil 5 ist doof). Das gehört einfach dazu!

Sollte sich nichts ändern so scheint es ja erlaubt zu sein zu den Feiertagen durchs Bundesgebiet zu reisen. Das mag man schlecht finden, kann Ich verstehen. Andererseits ist es einfach scheiße, wenn die Leute, wie Ich und meine Mama, die sich an alle Auflagen halten, Kontakte so gut es geht einschränken und alles machen um sich nicht anzustecken von den Leuten denen alles scheißegal ist und die das Virus für eine Erfindung der “Pharmamafia” halten die uns alle “chippen” will, so derart ans Bein gepinkelt bekommen. 

Ehrlich, mittlerweile bin Ich soweit, dass wenn mich die Polizei auf dem Weg nach Kaiserslautern stoppen würde Ich eiskalt sagen würde “Entweder sie lassen mich jetzt weiterfahren oder sie schiessen mir mit Ihrem Ballermann da ein Loch in den Kopf!”. 

Ja, die letzten ein, zwei Wochen waren echt scheisse. Ich bin den ganzen Tag müde, hab keine Energie, nach Feierabend oder am Wochenende schlafe Ich viel, tagsüber oder direkt nach 18 Uhr. Danach Filme und Serien schauen. Oder Videos über die S-Bahn in Berlin oder Dokus über Berlin. Irgendwann ziehe Ich da mal hin…

Und dann immer wieder diese “Downer”. Gestern Abend auch. Ich sitze auf dm Sofa, schau ne Doku über Kriminalität in Berlin und muss ohne Vorwarnung anfangen zu heulen. Keine Ahnung warum, wieso, weshalb. 

Ich geh hier echt langsam kaputt. 

Eine Kollegin die vor drei Jahren erst in unsere Firma / Abteilung kam hat nun zum 31.12. gekündigt und hat sich einen anderen Job gesucht in dem Sie wieder in einem Büro arbeiten kann so mit Kollegen in einem Raum, face to face und so. Sie ist glaube Ich jetzt 24 Jahre alt, also acht Jahre jünger als Ich. Dass Sie Ihre Zukunft da nicht in Ihrem Homeoffice sieht kann Ich verstehen. 

Ich bin ja zu faul zum kündigen. Ich glaube, da müsste es die Firma echt mega extrem übertreiben bevor Ich freiwillig gehe. Kaum etwas hasse Ich im Leben mehr als in einer Firma einen neuen Job anzufangen. Ich hab im Moment so viel Glück mit netten Kollegen. Was hab Ich schon Scheißjobs mit Scheißchefs und Scheißkollegen gehabt in meinem Leben! 

Trotzdem. Wenn das so weitergeht hier. Ich weiss nicht…

Auf jeden Fall freue Ich mich wie bolle darauf an Weihnachten meine Mama zu sehen und mal vier Tage nicht an Corona, Arbeit und Nachrichten zu denken. Einfach nur Fressgelage, chillen, Filme gucken, quatschen….

 

Oh the weather outside is frightful, 

but the Glühwein is so delightful, 

and since we’ve no place to go, 

let him flow, let him flow, let him flow

 

It doesn’t show signs of stopping

And I’ve bought some us some Korn for kipping

The lights are turned way down low

let him flow, let him flow, let him flow

 

When we finally kiss goodnight

How I love your alcoholic breath

But if you’ll won’t to hold me tight

the liquor will keep me warm

 

The fire is slowly dying

And, my dear, we’re still good-bying

But as long as you love me so

Let it flow, let it flow, let it flow…

 


 

 

Lesen Sie dazu auch: Margarete Stokowski “Was wir von Depressiven lernen können”, Spiegel Online 15.12.2020 (https://www.spiegel.de/kultur/corona-pandemie-was-wir-von-depressiven-lernen-koennen-a-93f4e953-d48d-45e4-bbf8-8426376a5bbc) und vielleicht gefällt Ihnen auch: “Für die Traurigen und die Müden” vom 25.8.2020(https://www.spiegel.de/kultur/corona-erschoepfung-fuer-die-traurigen-und-die-mueden-kolumne-a-efa65852-9ae5-4c98-b982-faf01717ba34

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